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Nachtluftpost: Am Airport geht die Post ab


Sitze beziehen, Förderband installieren, gelbe Boxen einladen: Damit eilige Post schnell ans Ziel gelangt, dürfen Briefe nachts in der Kabine von Passagiermaschinen Platz nehmen. Umgerüstet und beladen werden die Jets innerhalb von nur zwei Stunden.

22:00 Uhr:

Es ist dunkel, kalt und sehr ruhig am sogenannten Anlieferhof zwischen Terminal 3 und 4. Eine Crew läuft gerade vom Vorfeld in Richtung Parkplatz. Sonst ist kaum jemand unterwegs. Der Flughafen schläft, so könnte man meinen.

Noch sind sie leer: Auf diesen Wagen landen in wenigen Minuten Postkisten aus ganz Baden-Württemberg.
22:15 Uhr:

Auf der Luftseite hinter den Sicherheitskontrollen ist noch etwas mehr Betrieb. Aber auch hier merkt man, dass aufgrund der Corona-Pandemie aktuell wenige Reisende per Flugzeug unterwegs sind. Zwischen zwei Maschinen, die auf den Positionen 17 und 18 parken, laufen jedoch viele Mitarbeiter der Stuttgart Airport Ground Services (SAG) eifrig hin und her. „Wir beginnen gerade damit, die Maschine umzurüsten. Tagsüber ist diese Boeing 737-800 als Passagierjet unterwegs, nachts wird sie zum Postflieger“, erklärt Manfred Grempels, Betriebsleiter der Nachtluftpost. „Die Fracht ist extrem zeitkritisch – um den Vorteil der Luftpost ausspielen zu können, muss die Maschine pünktlich ihren Zielort erreichen.“ Zwölf Männer arbeiten gleichzeitig an der Boeing. Ein Mitarbeiter trägt große Taschen aus Fallschirmstoff in die Kabine und verteilt sie auf den Sitzen. Sein Kollege fährt gerade das mobile Förderband zur Maschine. Headloader Samet Jenuzi entfernt gleichzeitig die Abdeckungen der Sitzschienen. „Hier werden die Säcke gleich mit Karabinerhaken befestigt“, erklärt er.

„Beim Verladen der Nachtluftpost zählt jede Minute“, sagt Headloader Samet Jenuzi. „Da braucht man ein gutes und eingespieltes Team.“
22:30 Uhr:

Auch draußen am Lieferhof ist von der Ruhe, die hier noch vor einer halben Stunde herrschte, nichts mehr zu spüren. Kleintransporter fahren an. Mitarbeiter mit gelben Warnwesten wuseln zwischen teilweise beladenen Frachtwagen hin und her, ziehen Wagen voller Postkisten von A nach B und bestücken weitere Anhänger. „Aus ganz Süddeutschland werden hier jeden Tag Briefe angeliefert, zusammen haben sie ein Gewicht von bis zu 30.000 Kilogramm“, erklärt Grempels. „Mit den Frachtwagen bringen wir die Kisten zur Maschine, vorher wird der Anhänger aber noch gewogen. Schließlich muss der Kapitän später genau wissen, wie viel Gewicht er an Bord hat.“

Manfred Grempels kümmert sich als Betriebsleiter für die Gepäck- und Transportdienste am STR auch um die Nachtluftpost.
23:15 Uhr:
In der Kabine werden die Postboxen von den Mitarbeitern rasant zum Sitzplatz begleitet.

Die Mannschaft von Grempels hat die Maschine mittlerweile fertig präpariert, alle Sitze sind mit den sogenannten Cargo-Containern aus Fallschirmstoff bezogen und über die rechte Sitzreihe eine Aluschiene mit blauen Rollen gelegt. Dort stehen sie nun bereit. „Kann‘s losgehen?“, ruft Jenuzi in die Kabine. „Ja, klar“, „hau rein“, antworten die Kollegen. Und dann geht im wahrsten Sinne des Wortes die Post ab. Der 39-jährige Headloader drückt auf den Knopf, der das Förderband startet, und die Kisten, die seine Kollegen außen vom Wagen zeitgleich aufs Band legen, rattern zu ihm in die Maschine. Er schubst sie über die Aluschiene zu seinen Kollegen, die sie direkt in den Cargo-Containern verstauen.

23:30 Uhr:

Gleichzeitig beladen auf der anderen Seite zwei Mitarbeiter aus Jenuzis Team den Flugzeugbauch, wo normalerweise das Reisegepäck der Passagiere mitfliegt. Auch hier werden die gelben Boxen Stück für Stück verstaut.

23:45 Uhr:

„Stooooop! Wenn ihr noch mehr bringt, brauchen wir einen Dachträger“, ruft Jenuzi und lacht dabei. Die restlichen Kisten werden in der anderen Maschine verstaut. In der Kabine der Boeing werden die Cargo-Container noch verschlossen und festgezurrt, dann kann sie sich auf den Weg Richtung Hannover machen.

Ungewohntes Bild: Anstelle von Reisenden sind die Plätze dieser Passagiermaschine mit Postboxen besetzt. Pro Flug können in der Kabine und im Frachtraum insgesamt 15 Tonnen reine Briefpost befördert werden.
00:00 Uhr:

Pünktlicher Pushback: Die Maschine wird auf ihre Position geschoben. Sie rollt Richtung Runway und macht sich auf die Reise. An den Positionen und draußen am Anlieferhof kehrt wieder Ruhe ein. Zumindest vorerst. „Das Team macht jetzt Pause, und in einer Stunde kommen dann die Briefe aus dem Norden, dann machen wir fast das Gleiche, nur in umgedrehter Reihenfolge“, sagt Grempels.

Wie der Brief in die Luft kommt

Wer eilige Post zum Briefkasten gebracht hat, ist froh, wenn sie am nächsten Tag ankommt. Aber welche Stationen legt das Schreiben zurück, bevor es den Empfänger erreicht?

Zuerst wird es mit Kleintransportern abgeholt und zu einer Sammelstelle gebracht. Dort werden die Briefe sortiert. Süddeutsche Post, die mehr als 450 Kilometer über Nacht zurücklegen muss, wird dann zum Flughafen Stuttgart gefahren. Per Flugzeug macht sie sich auf den Weg nach Berlin oder Hannover. Am dortigen Airport gelandet, werden die Briefe wiederum in Transporter verladen und zu den Verteilerzentren geliefert. Aufgrund der Nachtflugbeschränkung am STR dürfen hierfür nur Maschinen eingesetzt werden, die bestimmte Lärmanforderungen erfüllen.


Flughafen Stuttgart bei Nacht - Bis zum Morgengrauen

  • Stories STR
  • Simon Kirchgeßner
  • 12/20