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Corona sorgt für Luftfracht-Schub


Vor dem Hafen von Los Angeles gibt es seit vielen Wochen Stau: Containerschiffe liegen vor Anker und warten darauf, dass sie ihre Ladung loswerden. Gleichzeitig boomt die Luftfracht und am STR sind jede Menge besondere Frachtflugzeuge zu Gast.

„Schon im Juni 2021 hatten wir mehr Güter umgeschlagen als im gesamten Jahr 2019“, sagt Martin Hofmann.

Er kümmert sich am Stuttgart Airport um den Cargo-Verkehr. Dass viele Fracht-Maschinen am Landesflughafen landen, habe mehrere Gründe: Einerseits ist durch die Corona-Pandemie der Verkehr von Containerschiffen beeinflusst. Viele Häfen arbeiten an ihrem Limit, schaffen es aber trotzdem nicht, alle ankommenden Wasserfahrzeuge schnell zu versorgen. Wer in den vergangenen Monaten über den Hafen von Long Beach flog, sah deshalb beispielsweise teils mehr als hundert Schiffe ankern – normalerweise stehen dort maximal eines oder zwei in der Schlange.

iPhones stehen im Stau

Sie warteten darauf, ihre Container voller iPhones, Textilien und Rohstoffe wie Holz oder Kunststoffgranulate entladen zu können. Der Rückstau entwickelte sich unter anderem, weil in China bei Corona-Ausbrüchen komplette Häfen geschlossen wurden. Dadurch kam der gesamte Liefer-Zyklus aus dem Tritt. „Dieser Effekt wird voraussichtlich noch viele Monate spürbar sein“, sagt Hofmann. Unternehmen entscheiden sich daher häufig für die Luftfracht, wenn sie absehen können, dass es per Schiff zu lange dauert.

„Außerdem pendeln pandemiebedingt noch wesentlich weniger Linienjets auf der Langstrecke. So fehlt im Flugplan des Stuttgarter Airports beispielsweise seit etwa zwei Jahren die Delta-Verbindung nach Atlanta“, erklärt er. „Dadurch sind die sogenannten Belly-Kapazitäten in viel geringerem Maße verfügbar als noch 2019. Wenn die Maschinen damals von Stuttgart aus Richtung USA starteten, hatten sie außer den Reisenden und ihrem Gepäck auch Güter als sogenannte Beifracht an Bord“, erklärt er. Diesen Effekt gibt es weltweit, und so kommt es, dass mehr Fracht-Flugzeuge am Himmel sind.

Tests statt Touris: Die Sitzreihen dieser Passagiermaschine wurden ausgebaut und dort, wo normalerweise Fluggäste Platz nehmen, stehen festgespannte Kartons voller Schnelltests.
Klimaschonende P-rachter
Diesen Sommer startete eine Serie von 16 klimaneutralen Cargo-Flügen von Stuttgart nach Atlanta. Die für den Auftrag gecharterten Passagiermaschinen des Typs Boeing 787 Dreamliner transportierten jeweils rund 45 Tonnen Industriegüter.

Weil die Cargo-Maschinen mittlerweile häufig ausgebucht sind, nutzen manche Airlines auch Passagiermaschinen, um damit Fracht zu bewegen. „Wir nennen sie dann umgangssprachlich P-rachter“, sagt Hofmann schmunzelnd. „Eine Serie von 16 solcher Passagierjets mit Fracht an Bord startete dieses Jahr übrigens komplett klimaneutral – angetrieben mit sogenanntem Sustainable Aviation Fuel (SAF), also nachhaltigem Kerosin“, berichtet er. „Die Logistikunternehmen Kühne + Nagel und IAG Cargo sicherten sich dafür erstmalig 1,2 Millionen Liter des klimaschonenden Treibstoffs.“ Für den Auftrag wurden Passagiermaschinen des Typs Boeing 787 Dreamliner der Fluggesellschaft British Airways gechartert – sie transportierten jeweils rund 45 Tonnen Industriegüter. „Neben solchen Waren, die sich im Auftrag der Automobil- und Zulieferindustrie von Stuttgart aus auf den Weg in die Welt machen, kommen zurzeit am Landesairport auch viele Sachen an. Zum Beispiel Textilien, Sneakers und dringend benötigte Corona-Tests“, so der Cargo-Fachmann.

Riesen-Frachter für Sonderlieferung

Ein besonders großes Flugzeug war kürzlich mit Sonderfracht des Metallbau-Unternehmens Kraft Führanlagen aus der Nähe von Crailsheim unterwegs. Mitte Oktober brachte es große Teile aus Stuttgart zum Empfänger. „Wir machen das nicht jede Woche, aber es musste schnell gehen und bei den aktuellen Problemen auf dem Seeweg war die Luftfracht die beste Alternative“, sagt Beate Lindauer, Marketing-Leiterin von Kraft. „In solchen Fällen ist es ein echter Wettbewerbsvorteil, den Flughafen in der Nähe zu haben. Denn wir erwirtschaften rund sechzig Prozent unseres Umsatzes durch Geschäfte im Ausland“, so Lindauer.

Spannende Weite: Von Flügelspitze zu Flügelspitze misst die Antonow 124 mehr als siebzig Meter, damit ist die Maschine breiter als ein Fußballfeld.

  • Stories STR
  • Simon Kirchgeßner
  • 08/21