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Reiselust trotz Pandemie


Gerne und viel – so lässt sich das Urlaubsverhalten der Deutschen in den Jahren vor Corona zusammenfassen. Doch wie beeinflusst COVID-19 das Fernweh? Wird sich die Krise auf die Flugpreise auswirken, und wie entwickelt sich das Reisen in Zukunft? Drei Experten geben ihre Einschätzung.

Kurzfristige Buchungen erwartet

„Die Urlaubslust ist auf einem hohen Niveau“, sagt Tourismusforscher Martin Lohmann. Sobald es die nötigen Freiheiten gebe, würden die Deutschen zu ihren bisherigen Reisemustern zurückkehren. Das zeige die aktuelle Analyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e. V. (FUR), die seit 1970 alljährlich erscheint. Das Team um Lohmann leitet das Ergebnis aus den mehr als 6.000 Face-to-Face-Interviews und weiteren 5.000 Onlinebefragungen ab, die der Studie zugrunde liegen. Aber obwohl das Fernweh der Deutschen grundsätzlich groß ist, warten viele aufgrund der aktuellen Unsicherheiten noch mit der konkreten Urlaubsplanung. Deshalb rechne er mit relativ vielen kurzfristigen Buchungen, so Lohmann. Die meisten würden dabei allerdings nicht von heute auf morgen aufbrechen.

Die Unsicherheit ist groß – aber nur 16 Prozent der Deutschen wollen im Sommer 2021 auf Urlaub verzichten. Das ergab die Reiseanalyse 2021, für die Ende 2020 Interviews mit mehr als 11.000 14- bis 75-Jährigen durchgeführt wurden.
Stabil: Strand und Berge als Lieblingsziele
Martin Lohmann ist wissenschaftlicher Leiter und Geschäftsführer des Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa (NIT). Der Diplom-Psychologe beschäftigt sich praktisch und wissenschaftlich mit Tourismus und Erholung.

Ein neuer Trend zeichne sich allerdings jetzt schon ab: Reisen, die beim Gesundheitsschutz viel Sicherheit versprechen, sind beliebt – also fernab der Masse und mit einem verlässlichen Hygienekonzept. Weitere wichtige Kriterien für die Buchungen sind Flexibilität und gute Stornierungsbedingungen. „Gleichzeitig darf der Urlaubsspaß unter diesen Bedingungen aber nicht leiden“, sagt Lohmann. „Für viele Anbieter ist das ein Balanceakt.“ Während die Pandemie viele Rahmenbedingungen verändert hat, bleiben die Sehnsuchtsorte die gleichen: Destinationen am Meer und in den Bergen stehen wie schon in den vergangenen Jahren auch 2021 hoch im Kurs.

„Für viele Anbieter ist die Situation ein Balanceakt“, sagt Reiseforscher Professor Lohmann. 

Tickets weiterhin erschwinglich

Die Airlines warten ebenfalls sehnsüchtig auf die Rückkehr zur alten Freiheit. „Sobald das Reisen wieder möglich ist, wird es unter den Fluggesellschaften ein Ringen um die Urlaubshungrigen geben“, sagt Prof. Dr. Christoph Brützel, Experte für Luftverkehrsmanagement. Dies wiederum führe dazu, dass die Ticketpreise für touristische Reisen auf einem günstigen Niveau blieben. „Die Krise trifft die Aviation-Branche zu einer Zeit, in der das Sitzplatzangebot ohnehin der Nachfrage vorausgeeilt war“, so Brützel.

Seit der Pandemie habe es außerdem eine politische Rückbesinnung auf nationalstaatliches Denken gegeben. Grenzen wurden geschlossen und viele Länder innerhalb der Europäischen Union versuchten, systemrelevante Infrastruktur aufrechtzuerhalten. „So wurden einige Airlines gerettet. Darunter waren allerdings auch Gesellschaften, die bereits vor der Krise über viele Jahre unwirtschaftlich operierten – etwa die italienische Alitalia“, so der Luftfahrtexperte. „Dadurch wurde eine Konsolidierung des Marktes verhindert, das Angebot bleibt hoch und die Flugpreise entsprechend günstig“, schlussfolgert Brützel. Und: „Solange die Preise niedrig sind, werden die Menschen in den Urlaub fliegen.“

Prof. Dr. Christoph Brützel

Prof. Dr. Christoph Brützel ist seit 2009 Professor für Luftverkehrsmanagement an der internationalen Hochschule Bad Honnef. Dort unterrichtet er u.a. Airline-Management, Controlling, Finanzmanagement, Vertrieb und E-Commerce und Flugsicherungsmanagement. Er forscht zu aktuellen Themen im Luftverkehr und Berät Fluggesellschaften, Flughäfen und Flugsicherungsorganisationen. Zuvor war er Geschäftsführer der LTU-Fluggesellschaften und in verschiedenen leitenden Funktionen bei der Lufthansa AG tätig, unter anderem als Controller der Airline. Mehr Infos zu Professor Brützel gibt es unter bruetzel.com.


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  • Simon Kirchgeßner
  • 03/21