Wenn es darum geht, die Vision vom klimafreundlichen Fliegen zu verwirklichen, spielen verschiedene Technologien eine Rolle. Nachhaltig hergestellter Treibstoff kommt schon jetzt bei Linien- und Frachtflügen zum Einsatz.
Aktuell vergeht kaum eine Woche, in der nicht über sie berichtet wird – die sogenannten Sustainable Aviation Fuels (SAF). Der Grund für die Nachrichtenlage ist einleuchtend: Die klimafreundlich hergestellten Kraftstoffe für Flugzeuge sparen schon heute bis zu achtzig Prozent CO2 im Vergleich mit ihren fossilen Pendants. Außerdem können sie in Flugzeugen mit herkömmlichen Gasturbinen verwendet werden – es sind also keine neuen Jets für eine Transformation hin zum klimaschonenden Fliegen nötig. Deshalb stecken Wissenschaft, Airlines, Start-ups und die Politik weltweit viele Ressourcen in die Weiterentwicklung der Produktionsmethoden. Der größte Verbesserungsbedarf besteht beim Aufwand, der für die Herstellung betrieben werden muss. Denn die klimafreundlichen Treibstoffe sind derzeit noch circa drei bis acht Mal teurer als herkömmliches Kerosin und bisher nur in geringen Mengen verfügbar.
Die Bemühungen zeigen Früchte: So hat sich die Technologie seit den ersten Starts mit Öko-Treibstoff stark verändert. Als im Jahr 2008 Flugzeuge damit abhoben, wurden die alternativen Kraftstoffe zunächst hauptsächlich aus Biomasse hergestellt. Es zeigte sich jedoch, dass die Anbauflächen für Palmen, Raps und Co. in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion und zu Waldflächen treten. Biokraftstoffe der zweiten Generation setzen deshalb auf Essensreste, Altöle oder Fette. Abfälle, die sonst entsorgt werden müssten, dienen also als Ausgangsstoff – Fritteusenfett etwa oder Biertreber. Auch wenn dieses Verfahren aus ökologischen Gesichtspunkten vielversprechend ist – die Menge der nutzbaren Bioabfälle kann nur einen Teil des Kerosinbedarfs decken.
Deshalb gilt ein dritter Herstellungsprozess bei vielen Expertinnen und Experten als besonders vielversprechend – das sogenannte Power-to-Liquid-Verfahren, kurz PtL. Als Ausgangsstoffe werden lediglich Kohlendioxid (CO2), Wasser und Strom genutzt. Das CO2 kann dabei aus verschiedenen Quellen gewonnen werden: direkt aus der Luft oder aus großen Schornsteinen von Industrieanlagen, wo besonders viel davon verfügbar ist. Bereits im Januar 2020 präsentierte das Verkehrsministerium Baden-Württemberg die Ergebnisse einer Studie zu diesem Verfahren. „Aus dem CO2-haltigen Abgas eines Zementwerks könnte der Bedarf am Stuttgarter Flughafen an nachhaltigen Kerosinalternativen zweifach gedeckt werden“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann. Die Zementindustrie habe einen sehr großen Anteil am Ausstoß von Kohlendioxid im Land. Dieses soll genutzt werden, um synthetische Kraftstoffe herzustellen.
Um die Entwicklung zu beschleunigen, analysiert der Flughafen Stuttgart in einem weiteren Projekt namens SAF@STR gemeinsam mit dem Ministerium die regionale Produktion von nachhaltigem Kerosin.
In der Forschung gilt Sustainable Aviation Fuel als wichtiger Baustein, um die Vision vom klimaneutralen Fliegen möglich zu machen, besonders für die Langstrecke. Bei kleineren Maschinen und auf kurzen Strecken könnten außerdem Flugtaxis mit einem batteriebetriebenen Elektromotor zum Einsatz kommen – die süddeutschen Start-ups Lilium und Volocopter brachten ihre Prototypen bereits in die Luft. Flugzeuge, die mit Wasserstoff-Brennstoffzellen abheben, sind auf der Kurz- und Mittelstrecke einsetzbar. Voraussichtlich schon ab 2030 können rund vierzig Fluggäste Strecken von bis zu 2.000 Kilometer zurücklegen. Der Antriebsstrang der am STR stationierten Hy4 gilt als Benchmark dieser bahnbrechenden Zukunftstechnik (Flugblatt berichtete zuletzt in der Ausgabe 2/21: „Starterlaubnis für Stuttgarts Wasserstoff-Flugzeug“).
Der Stuttgart Airport hilft, die Vision vom CO2-neutralen Fliegen zu verwirklichen: Der Landesflughafen unterstützt den Einsatz von alternativem Kraftstoff mit einem Gesamtbetrag von 500.000 Euro. Die Förderung kann bis zu 300 Euro pro 1.000 Liter SAF betragen, das zur Betankung verwendet wird. Ziel ist es, der Technologie zum Durchbruch zu verhelfen. Auch elektrisches Fliegen begünstigt der STR. Denn: E-Flugzeuge werden den Luftverkehr auf der Kurzstrecke revolutionieren. Für die ersten emissionslosen Maschinen dieser Art sind Starts und Landungen im Linienverkehr ab Stuttgart ein Jahr lang kostenfrei.
Mehr Infos zur Zukunftsvision des Landesflughafen steht unter stuttgart-airport.com/Klimastrategie.